indische Mathematik

indische Mathematik
ịndische Mathematik,
 
die Mathematik auf dem indischen Subkontinent von den Anfängen der indischen Kultur bis ins 16. Jahrhundert. Die indische Mathematik ist, im Gegensatz zur griechischen Mathematik, überwiegend numerisch-algebraisch ausgerichtet. Geometrische Probleme treten selten auf. Die mathematischen Texte der Inder sind in Merkversen festgehalten; Beweise fehlen. Der wichtigste Beitrag, den die Inder zur Mathematik geleistet haben, war die Entwicklung eines leistungsfähigen Ziffernsystems (einschließlich der Null) und der zugehörigen Rechenverfahren.
 
Die indische Zählweise war seit alters dezimal aufgebaut (teilweise unter Einbeziehung der Zahl 4 als zweite Grundzahl bei den nordindischen Kharoshtiziffern). Vor der Entstehung des Positionssystems gab es regional unterschiedliche Zahl- und Ziffernsysteme. Etwa seit dem 3. Jahrhundert v. Chr. waren über 1 000 Jahre lang die Brahmiziffern in Gebrauch, die besondere Zeichen für die neun Einer, für 10, 100 und 1 000 kennen. Aus ihnen entwickelte sich das Positions- oder dekadentische Stellenwertsystem, in dem man die Sonderzeichen für die höheren Zehnerpotenzen aufgab; die Positionsschreibweise trifft man bereits im 6. Jahrhundert n. Chr. an. Ein Zeichen für die Null erscheint in Indien erstmals 876 (in Kambodscha bereits Ende 7. Jahrhundert). Das indische Dezimalsystem gelangte über die Araber nach Europa.
 
Die wichtigsten indischen Mathematiker waren Aryabhata, Brahmagupta und Bhaskara. Im Hauptwerk des Aryabhata, dem »Aryabhatiya« (498), finden sich u. a. die Berechnung der Kreiszahl π (auf vier Nachkommastellen genau), Beiträge zur Lösung von Gleichungen (meist mit ganzen Zahlen) sowie eine für die Astronomie wichtige Halbsehnen-(Sinus-)Tafel. Brahmagupta (628) summierte endliche und unendliche Reihen, löste quadratische Gleichungen und lineare Gleichungssysteme und bestimmte Volumina. Der geläufige Näherungswert für π geht auf ihn zurück. Manjula (932) betrachtete bereits den Funktionsverlauf von Sinus und Cosinus in allen vier Quadranten. Eine systematische Zusammenfassung des Wissensstandes der indischen Mathematik enthalten die Werke Bhaskaras (1150).
 
 
O. Becker u. J. E. Hofmann: Gesch. der Mathematik (1951);
 H. Gericke: Mathematik in Antike u. Orient (Neuausg. 31994).

Universal-Lexikon. 2012.

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